Yuki liest! Und alle lesen mit.

„Yuki liest!“ fördert Lesen und Literatur.

Terry Pratchett: Von der „Scheibenwelt“ ins Lesezimmer

Dank einer großzügigen Spende, konnten wir einige Bücher von Terry Pratchett, dem großen und großartigen britischen Fantasy-Autor, unserer Kinder- und Jugendbuchausstellung „Yuki liest! Und alle lesen mit!“ hinzufügen. Aus diesem Anlass möchten wir zum Andenken des bereits letzten Jahres verstorbenen Autors, ihn und seine erschienen Werke kurz vorstellen.

Sir Terence David John Pratchett, war ein weltbekannter Vertreter für das Subgenre der „Humoristischen Fantasie“. Die „Scheibenwelt“-Romane sind seine bekanntesten Werke und wurden in 37 Sprachen übersetzt. Terry Pratchett wurde am 8. April 1948 in Beaconsfield, Buckinhamshire geboren und verstarb am 12. März 2015. Seine Bücher wurden weltweit rund 85 Millionen mal verkauft.

Terry Pratchett begann schon früh zu Schreiben an und veröffentlichte bereits mit 13 Jahren seine erste Kurzgeschichte The Hades Business in der Schülerzeitung, die nur zwei Jahr später im „Science Fantasy“ Magazine abgedruckt wurde. Nach der Schule blieb er seiner Leidenschaft treu und arbeitete als Journalist. 1971 wurde sein erstes Buch The Carpet People (Alarm im Teppich-Reich) veröffentlicht. Zu seinen großen Ehrungen zählen unter anderem 1998 die Ernennung zum Officer des Order of the British Empire und 10 Jahre später die Berufung für seine Verdienste an der Literatur zum Knight Bachelor durch die Queen und die Verleihung des Titel Sir.

Dies ist die Scheibenwelt

Nicht weit von hier, nur einen kleinen Schlenker hinter dem, was wir Realität nennen wird sie auf den Rücken der vier Elefanten Berilia, Tubul, Groß-T’Phon und Jerakeen, die ihrerseits auf dem Panzer der Sternenschildkröte Groß A’Tuin thronen, durch das Multiversum getragen. Die Scheibenwelt, umgeben von ihrem schillernden und ewig herab strömenden Randfall, ist nicht nur kreisrund, sondern auch ziemlich flach, weshalb du niemals zu nah an ihren Rand segeln solltest, denn hier erwecken Schiffe nicht nur den Anschein herunterzufallen, sondern tun es tatsächlich. Sie besitzt ihre eigene kleine Sonne, die zusammen mit dem noch kleineren Mond ihre Bahn um die Scheibenwelt dreht.“

(http://www.phantastik-couch.de/terry-pratchett.html)

Die Scheibenwelt-Romane sind nicht nur für ihren Humor bekannt, sondern auch für ihre besondere Thematik, denn oft kann man das was in der Scheibenwelt passiert auch auf unsere Welt ausgelegt werden (leider jedoch ohne die Fantasie-Elemente). So regt die geschaffene Fantasiewelt von Pratchett die Leserinnen und Leser zum Nachdenken an.

Wie in dem Roman Steife Prise, wo die Unterdrückung von Gobblins eine zentrale Rolle spielt. Die Menschen in der Scheibenwelt sehen die Gobblins nicht als ebenbürtig und unmenschlich an und werden auch dementsprechend behandelt, indem sie z. B. in die Sklaverei gezwungen werden. Dass sie in manchen Dingen wesentlich besser sind als Menschen, z. B. in der Musik, wird von diesen gerne übersehen. Wenn hier die Fantasie-Elemente herausgenommen werden, hat man eine fast klassische Geschichte zum Thema Rassismus und Unterdrückung. Wenn darauf geachtet wird, findet man in vielen von Pratchetts Romanen, Parallelen zu aktuellen Themen in unserer Gesellschaft.

Nicht nur in der Thematik und in der besonderen Art und Weise seine Fantasie freien Lauf zu lassen, zeichnen sich die Scheibenwelt-Romane auch dadurch aus, dass sie nicht in Kapitel gegliedert wurden wie es von Büchern erwartet wird. Auf die Frage, warum er sich dafür entschieden hatte, antwortete Pratchett (in einem Interview mit Gavin J. Grant 2001), dass das Leben auch nicht in Kapitel eingeteilt sei und er dahinter keinen Sinn sehe dies zu tun, außer in Kinderbüchern, bei denen man den Kinder vorm Schlafengehen „noch ein Kapitel“ vorliest.

Die „Scheibenwelt“ und „Hogwarts“

Die Scheibenwelt-Romane werden gerne von einigen Literaturliebhaberinnen und Literaturliebhabern mit Harry Potter verglichen, jedoch sind die beiden Romanreihen sehr unterschiedlich. Allein die Zielgruppe von Harry Potter ist eine ganz andere als die der Scheibenwelt. Die Harry Potter-Reihe wurde, obwohl sie auch von Jugendlichen und Erwachsenen gelesen wird, speziell für Kinder geschrieben, die Scheibenwelt-Romane hingegen sind, mit wenigen Ausnahmen für Erwachsene geschrieben, werden allerdings auch von Jugendlichen gelesen. Harry Potter spielt in einer „realen“ Welt mit magischen Elementen, die Scheibenwelt ist eine eigene, ganz neu erfundene Umgebung, die unsere Gesellschaft oft parodiert und kritisiert. Somit bestehen die einzigen Gemeinsamkeiten darin, dass beide Geschichten in einer Fantasiewelt spielen, in beiden eine Zauberschule und Zauberinnen und Zauberer vorkommen und die Romanreihen von englischen Autorinnen und Autoren geschrieben wurden.

Auf die Frage, ob er denkt, dass wegen Harry Potter nun mehr Leute gute Fantasie-Bücher lesen werden, meinte Pratchett, dass, obwohl die Harry Potter-Bücher seinen Verkaufszahlen ganz und gar nicht geschadet haben, ist der Großteil der Leute nun verstärkt der Meinung, dass Fantasie-Bücher allein etwas für Kinder wären.

Terry Pratchetts zwei Krankheiten

Im Dezember 2007 gab Pratchett online bekannt, dass bei ihm eine sehr seltene Form von Alzheimer diagnostiziert wurde. Er blieb aber weiterhin optimistisch und schrieb auch dann noch mehrere Bücher, obwohl er in späteren Jahren dazu Hilfe benötigte. Seine letzten erschienen Werke schrieb er entweder mit der Hilfe seines Assistenten Rob Wilkins oder mit einer Spracherkennungs-Software.

Ein paar Monate nach seiner Diagnose spendete er einen hohen Betrag an die Alzheimer’s Research UK. Gleichzeitig sagte er, er sei geschockt, dass die Alzheimerforschung so viel weniger Finanzierung bekommt als die Krebsforschung, nämlich nur etwa 3%. Ebenfalls in 2008 drehte er gemeinsam mit BBC die zweiteilige Dokumentation Terry Pratchett: Living with Alzheimers.

Zu seiner Krankheit meinte er: „Mir fiel auf, dass es an einem Punkt so war als hätte ich zwei Krankheiten – die eine war Alzheimer, und die andere war, zu wissen, dass ich Alzheimer habe.“ (Dementia: Out of the Shadows, Alzheimer’s Society, Nov 2008). Er musste starke Kritik einstecken nachdem er in einem Artikel in 2009 gestand, dass er mittels Sterbehilfe sterben möchte und zwar bevor seine Krankheit an einem kritischen Punkt anlangen würde. Im Juni 2011 wurde seine Dokumentation Terry Pratchett: Choosing to Die veröffentlicht, in der er in die Dignitas Klinik in der Schweiz reiste und dort mit Patienten sprach. Auch diese Dokumentation wurde von einem Schwarm empörter Kritiken begleitet.

Am 12. März 2015 starb Terry Pratchett einen natürlichen Tod. Rob Wilkins schrieb von Pratchetts Twitter-Account, (wobei die kleinen Großbuchstaben im Original auf der Website eine Anspielung darauf sind, wie der Charakter des Todes in der Scheibenwelt spricht):

AT LAST, SIR TERRY, WE MUST WALK TOGETHER.

Terry took Death’s arm and followed him through the doors and on to the black desert under the endless night.

The End.

Dies lässt sich ungefähr so übersetzen:

LETZTENDLICH, SIR TERRY, MÜSSEN WIR GEMEINSAM GEHEN.

Terry nahm den Tod an der Hand und folgte ihm durch die Türen und weiter zur schwarzen Wüste unter der endlosen Nacht.

Ende.

Es wird oft gesagt, dass vor dem Sterben, das Leben vor seinen Augen abläuft. Das ist tatsächlich wahr. Es heißt leben.“

– Terry Pratchett –

Für weitere Informationen zu diesem großartigen Autor empfehlen wir folgende Interviews:

1. Das letzte Fernsehinterview von Terry Pratchett
https://www.youtube.com/watch?v=TahN-09_WDo

2. Terry Pratchett – Interview by Gavin J. Grant (2001)
http://www.indiebound.org/author-interviews/pratchettterry

Weitere Informationen und Quellen zu und über Terry Pratchett unter anderem hier:
http://www.terrypratchett.co.uk/
https://de.wikipedia.org/wiki/Terry_Pratchett
http://www.phantastik-couch.de/terry-pratchett.html
http://www.isfdb.org/cgi-bin/ea.cgi?155
http://news.bbc.co.uk/2/hi/health/7291315.stm
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/terry-pratchett-ist-tot-das-universum-ist-ein-grosser-witz-a-1023241.html

Die Bücher von Terry Pratchett in unserer Buchausstellung findest Du/finden Sie bitte hier.

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